Zum Abschluss der kleinen Gastblogger-Serie zum neuen Album "IV:Revolution" schreibt hier und heute der großartige Jörn Schlüter, den ich seit Jahren sehr schätze und bewundere - sowohl als Musikrezensent beim Rolling Stone Magazin, als auch ganz besonders als Songschreiber (und zwar schon seit ich vor mehr als zehn Jahren erstmals über seine berührenden Kompositionen staunen durfte). Checkt Jörns Stoff mal aus, Homies. :-) j.
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Jörn
Schlüter ist der Sänger und Gitarrist der Bremer/Hamburger Band
Someday Jacob und schreibt für das Rolling Stone Magazin. Er lebt in
Bremen.
Jazz
und feuchte Straßen
In
einem Lied auf Jens großartiger, bewegender, himmelhochjauchzender
und wehmütiger neuer Platte hat ihm eine Frau die Seele verdreht,
und er versteht die Welt nicht mehr. Das ist das Schöne an Jens und
seiner Poesie, dass er die Welt nicht versteht (jedenfalls nicht
ganz) und keine Antworten hat (jedenfalls nicht auf alles). Leute,
die auf alles eine Antwort haben, sind schrecklich, man muss sich vor
ihnen in Acht nehmen.
Vielleicht
sieht Jens das genauso. Jedenfalls ist sein Sehnen, Summen, Lieben
und Flehen tief ins wahre Leben getunkt und so unmittelbar, dass man
es ganz direkt am eigenen Leib erfährt, siebzehn Lieder lang. Es
steckt Glaube, Liebe und Hoffnung in ihnen, aber auch und ein Gefühl
von Abschied und Tod. Jens ist natürlich der Mann in Schwarz, dessen
Halleluja gleichzeitig gebrochen ist und ewig leuchtet. Wie war das
doch gleich mit dem Riss im Herzen, durch den das Licht fällt?
Lieber einen solchen Riss, als immer im Dunkeln sitzen.
Es
ist ein paar Jahre her, da stehe ich mit Jens in einer Kneipe in
Bremen, es ist wohl Karfreitag. Eine Stunde noch bis zum Auftritt,
ein Gespräch über Gnade, Schmerz und noch ausstehende Heilung, wir
sehen die Dinge ähnlich. Insbesondere die fromme Welt hat manchmal
Mühe mit Zwischenlösungen, Zweideutigkeiten und dem
Schon-jetzt-aber-noch-nicht-ganz. Jens nicht. Danke dafür, mein
Freund.
Irgendwo
schreibt jemand ein Gedicht, das uns zu Tränen rührt. Bei dem
Lied „Liebe, Schatten & Licht“ singt Dania König, das ist
auch so ein Mensch, der Zerbruch erlebt hat und umso mehr ewige
Hoffnung im Herz hat. Wir hören ein wunderschön trauriges,
aufwühlendes, wahrhaftiges und poetisches Duett. Die Poesie! In ihr
erkennt man die Wahrheit besser als überall sonst. Kurz davor kommt
auf der Platte „Gelobtes Land“, ein dunkles Lied mit einem
rätselhaften Text. Die Gedanken kleben tot an der Wand, um halb
Acht fährt der Zug ins gelobte Land: Vielleicht wird hier von
einem sehr dramatischen Moment erzählt, den Jens vor einer Weile
erleben musste. Bin ich froh, dass du noch bei uns bist.
In
einem Zeitungsartikel schrieb kürzlich jemand, er sei überrascht
gewesen, mit wie viel freundlicher Offenheit dieser zunächst dunkel
wirkende hobo auf die Menschen zugehe; in einem anderen Text
ist von der „therapeutischen Aura“ seiner Konzerte die Rede.
Leute! Spiritualität, Heilung für die Seele, sich selbst
verschenken lernen, darum geht es.
Wie
mächtig die Liebe in diesen Liedern ist. Sie steckt genauso in ihnen
wie der Punk und der alte Gospelfolk, der seine Wurzeln nicht nur in
Amerika hat. Das darf man nicht vergessen, wie gut diese Musik
komponiert wurde und wie fabelhaft rumpelnd sie gespielt wird.
Jazz
und feuchte Straßen, Gnade und Engelsflügel, Jesus und sein
Stammcafé: ein Segen, dass es die Platte gibt.
Jörn
Schlüter
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