Dienstag, 22. April 2014

VON GESTORBENEN BÄDERN, BLUMEN IM EISGRAU UND ALLERLEI ANDEREN ELEMENTAREN PROFANITÄTEN.






BÖTTCHER-NEWSLETTER 4/2014

VON GESTORBENEN BÄDERN, BLUMEN IM EISGRAU UND ALLERLEI ANDEREN ELEMENTAREN PROFANITÄTEN.

Liebe Freunde,

hier kommt - angesichts meines wackeren Vorhabens in diesem Jahr etwas regelmäßiger zu schreiben - mit reichlich Verspätung endlich Neues aus meiner kleinen Schreibstube in Himmelherzhausen (in der relativen Nähe von Hamburg und der dramatischen Nähe von Takatukaland). Ich war sehr gerührt darüber, dass einige von euch diese Unregelmäßigkeit meiner Lebenszeichen durchaus bemängeln und es mich sogar haben wissen lassen. Danke schön dafür!

Diesmal zu Beginn der sachdienliche Hinweis, dass ich persönlich per Mail weiterhin via boettcher@boettchercom.de zu erreichen bin. Wenn ihr mir schreiben wollt, benutzt bitte diese Adresse. Zwar kommen eure Mails auch an, wenn ihr diese Newsletter-Versand-Adresse benutzt, aber meist doch mit deutlicher Verzögerung (ich sag das nur, damit ihr es mir dann nicht als Unhöflichkeit auslegt, wenn ich so skandalös spät antworte) :)

***

Ein paar Neuigkeiten: In meinem Leben ist natürlich wie immer viel Trubel (gähn). Ich hoffe, in eurem auch. :-) Allerdings wünsch ich euch, dass eurer überwiegend oder gar ausschließlich positiv ist. Meiner hatte mal wieder ein paar Facetten und Tücken parat, auf die ich gern verzichtet hätte.
So habe ich zum Beispiel kürzlich im Zuge einer Reise nach London auch das Innenleben einer englischen Intensivstation kennenlernen dürfen – eine Erfahrung, auf die ich eigentlich ganz gern verzichtet hätte. Allerdings gab auch dort einiges zu erleben, das mir als überzeugtem Intensitätssucher und Freund tragikomischer Lebensmomente durchaus gefallen hat.

Man muss sich das ungefähr so vorstellen: Nachdem ich einen recht gepflegten Zusammenbruch erlitten, einige Stunden mit absurd hohem Fieber verlebt und insgesamt nicht mehr sonderlich viel gemerkt hatte, wurde mir allmählich wohler und in diesem Zuge auch bewusst, wo und wer ich eigentlich war, nämlich ich selbst - in einem Krankenhaus außerhalb Londons, das architektonisch so ziemlich alle Zutaten einer schlechten englischen 70er-Jahre-Arzt-Serie zu bieten hatte - inklusive eines Röntgenraums, den man mit Wohlwollen eher noch den 40ern zuordnen würde - und der interessanterweise vornehmlich Nachts genutzt wurde. (Ich wurde stilgerecht in einen Rollstuhl gesetzt und dann von einem dumpf summenden Pfleger dorthin geschoben, der Boris Karloff in Aussehen und Attitüde durchaus nicht unähnlich war).
Noch auf der Intensivstation begegnete ich einer wahrscheinlich wohlmeinenden dunkelhäutigen Pflegerin ungeklärter Nationalität, die mich markant mit den folgenden Worten ansprach: „Dattabass?“ Ich schaute sie an - wahrscheinlich ungefähr so, wie im 15.Jahrhundert ein portugiesischer Matrose die Indios. „Dattabass?“ wiederholte sie und ich hauchte „Sorry?“ „Dattabass!“ insistierte sie nun. Und gleich nochmal und nochmal, während ich ihr mimisch gekonnt weitere Fragezeichen zuwarf. „Dattabass! Dattabass!“ Ihr Tonfall hatte schon etwas sehr Dringliches und ich begann mich wirklich wie ein Idiot zu fühlen (was ja im Übrigen nicht so ein arg ungewöhnlicher Zustand für mich ist). „Databass! Databass!“ Ich bat sie schließlich es nochmal gaaaanz langsam zu sagen und erhoffte mir dabei Erhellung für meinen maladen Kopf. „Dead-of-Bath“ sagte sie nun und ich gewann sie spontan etwas lieb, weil ihre Bemühung so aufrichtig wirkte. Dann dachte ich: „Tod des Bades? Woran ist es denn gestorben?“ Das machte aber irgendwie gar keinen Sinn. Als sie abermals wiederholte, reimte es sich in mir dann endlich stückweise zusammen. Ich musste dabei übrigens plötzlich an einen englischen Kameramann denken, der mich vor Jahren bei einem Werbespot-Dreh mal folgendes gefragt hatte: „Turveys?“ (ich hatte damals nach etwa zwei Minuten Stutzigkeit herausgefunden, dass er „two of these?“ erfragen wollte und damit eine gewisse Sorte Scheinwerfer meinte). Dead of Bath. War das Bad also wirklich gestorben? Sie wiederholte es nochmal jetzt noch langsamer, wohl um dem deutschen Volltrottel eine weitere Chance auf Weiterbehandlung zu geben. Dann endlich kapierte ich endgültig. Dead-of-Bath!! Ha! Nix da! Ich hatte den Code entschlüsselt! Date of Birth, Date of Birth!! Mein schnödes Geburtsdatum war es, das ihr ungeduldiges Interesse geweckt hatte! Hurra! Das konnte ich dann ja sogar fehlerfrei beantworten! Ich war gerettet!
Gelernt habe ich daraus übrigens folgendes: Wenn man denkt, dass man etwas beherrscht – zum Beispiel eine Fremdsprache oder auch das Leben an sich (und sei es nur das eigene)– wird man immer wieder überrascht und am Ende eines deutlich Besseren belehrt. Zugegeben, das klingt profan. Isses aber nicht. Wer kann seinem Leben aus eigener Kraft und eigenem Wollen auch nur einen einzigen Tag hinzufügen? Eben. Und das gilt ja nicht nur für Bäder.

Nachdem ich die Intensivstation verlassen und zwischendurch mit verschiedenen Ärzten mit verschiedenen Dialekten (pakistanisch, chinesisch, indisch, east-end-isch) geplaudert hatte und anschließend in ein Zimmer mit acht dem-Tode-recht-nahen englischen Herrschaften verlegt worden war, traf ich dann noch eine Krankenschwester, die, falls nicht sowieso dort entsprungen, unbedingt in eine Geschichte von Nick Hornby gehört. Sie war wirklich faszinierend: Typ gutmütige Familienmutter mit reichlich Herz- und Hüftgold, um die fünfzig, ganz besonders fröhlich und mit einer unübersehbaren Affinität für Musik. Nicht genug damit, dass sie mich stets flötend und mit unübersehbarer Wertschätzung „Mr.Rock'nRoll“ nannte (nachdem sie wohl auf meinem Einlieferungsschein gelesen hatte, was ich so beruflich mache), sondern sie sang auch die ganze Zeit! Sie sang sogar meine Fieber- und Blutdruckwerte – ebenso die der anderen Patienten. Diese Frau war direkt aus einem Musical gehüpft – einem total grandiosen wohlgemerkt. Außerdem nannte sie uns alle dauernd „Sweety“, „Honey“ und „Darling“. Und ich dachte: Wow. Diese leuchtende Seele ist wie eine wunderschöne Blume inmitten einer eisgrauen, todverheißenden Umgebung. Ich war entsprechend traurig, als ihre Schicht vorbei war. Aber nur ein Weilchen, denn kurz darauf ist es mir dann glücklicherweise gelungen, mit wehender Frisur und Nachthemd aus dieser ansonsten sehr kargen Unterkunft zu flüchten (hier: Propz an meinen wunderbaren Freund Barry Guy. Thx, Mate) und meinen großartigen Bruder Sven Böttcher, der dann meinen Rückflug ohne Leichensack organisiert hat ;)

Ja, und apropos Schicht noch: Seit ich wohlbehalten und etwas verspätet wieder hier angekommen bin, wartet viel Arbeit auf mich– und es passieren dabei einige schöne und interessante Dinge (die euch ja womöglich noch etwas mehr interessieren, als meine Fremdsprachenkenntnisse und Hospital-Erlebnisse) ;)

APDEHT: KÜNTSLERISCHE ATKIVITETÄN

**Henry, Karsten und ich sind weiter fleißig und mit Freude dabei, wöchentlich unsere Miniserie „Neulich im Bundestag“ für das TV-Satiremagazin Extra3 (NDR/ARD) zu produzieren. Wenn ihr mögt, schaut mal rein – es gibt alle Folgen (es sind mittlerweile mehr als 100) auch in der U-Tube. Wir haben die „Million Klicks“ längst geschafft und freuen uns darüber wirklich sehr. Zumal die Serie weiter gut ankommt und uns das natürlich auch die Chance gibt, uns in der verbleibenden Zeit weiter den schönen Künsten zu widmen:

**Mit unserem aktuellen Album „IV:Revolution“ haben wir in den letzten Monaten eine Reihe von wunderbaren Konzerten quer durchs Land spielen dürfen. Für den Herbst (ab November) ist eine weitere Tour mit dem „Orchester des himmlischen Friedens“ geplant, die uns durch Deutschland, Österreich und die Schweiz führen wird. Wir freuen uns wirklich schon wieder sehr darauf, euch dann unterwegs zu treffen. Wahrscheinlich werde ich im nächsten Newsletter schon einen ganzen Haufen der Termine und Orte verraten können.

**Bis zur Tour werden wir nur vereinzelt Konzerte geben. Darunter aber eines, auf das ich mich jetzt schon sehr freue. Als „Special Guests“ des amerikanischen Singer/Songwriters Jann Klose werden wir am 16.08. in der Prinzenbar in Hamburg auftreten. Wenn ihr mögt, merkt euch das doch schonmal und kommt vorbei. :-)

„Make it better“ von Jann Klose: https://www.youtube.com/watch?v=stEjfSzO9CQ

**Außerdem arbeite ich grade fleißig an meinem neuen Buch, das rechtzeitig zur Tour erscheinen soll. Titel und mehr Details dann im nächsten Newsletter. Ich kann aber schonmal verraten, dass es kein Roman sein wird, sondern eine ausufernde Gedanken- und Geschichtensammlung im Stile unserer Poesie-CD „Anklagend Schweigend Rosenrot“. Falls Ihr Freude an dem Album und kleinen Geschichten á la „Wie ich eines Abends mit Gott Champagner trank und danach beinahe die Treppe heruntergefallen wäre“ hattet/habt, könnte euch das neue Werk also womöglich auch gefallen. Ich hoffe natürlich darauf. :-)

Oh, apropos, falls ihr es noch gar nicht kennt, hier nochmal der Clip zum himmlischen Champagner-Umtrunk:


**Das ungewöhnlichste Projekt von allen ist dann wohl dies: Wir befinden uns derzeit auf der Zielgeraden betr. des Deals zu einer eigenen kleinen TV-Talksendung, die ab Oktober ausgestrahlt werden soll. Unsere Verhandlungen mit dem christlichen Sender und Kollaborateuren sind schon recht weit gediehen. Momentan scheint es, als wäre die Produktion der ersten Staffel quasi eingetütet. Yee-haw. Ich werde /würde dann die Chance haben, mit einigen wunderbaren Gästen über das Leben als solches zu schwatzen. Und freue mich schonmal ein bisschen vor. Weitere Details auch dazu dann also demnäxt. :-)

**Erschienen ist übrigens kürzlich das Büchlein „Adieu- Geschichten von Abschied und Aufbruch“, zu dem ich ein Kapitel beisteuern durfte (Chrismon Verlag, erhältlich im Buchhandel und Online). Auch das wirklich schöne Album „Versprochen“ von der großartigen Dania König möchte ich euch nochmal ans Herz legen (inklusive meines Songs „Gefunden“).

***

Danke wie immer für eure Mails, Briefe und Ermutigungen. Es bleibt wunderbar, euer wohlmeinendes Feedback zu bekommen und mit euch im Herzen so verbunden zu sein. Wie schön das wirklich ist, hat mir u.a. auch die oben erwähnte Krankenhaus-Episode wieder gezeigt. Das Leben ist ein wilder Ritt. Es bleibt großartig, sich dabei, in welcher Form auch immer, gegenseitig die Fieberwerte vorzusingen. Und dabei an eine himmlische Kraft zu glauben, die uns alle liebt und schützt und trägt - und Humor hat. Und dabei selbst zu lächeln.

Hier, wie üblich, zum Schluss noch meine Zitate des Monats... :-)

„Black mascara angel, bring a hail to my soul.“
(Johnny Two Bags)

„Omfg! I was only kidding!!!“
(das minderjährige Mädchen, das sich kürzlich per Twitter als arabische Flugzeug-Bomben-Terroristin ausgegeben hatte und daraufhin Besuch vom FBI bekam)

„Put the God badge down and love someone“
(Jon Foreman)

„Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen sein; ich will euch erquicken. Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“
(Jesus in Matthäus 11)

Bis bald... ich hoffe, wir sehen uns unterwegs...
pax
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